Acartia tonsa Zucht

  • Hallo,



    ich werde fuer meinen Bachelor Thesis einige Untersuchungen an den Copepoden aus der Nordsee machen. Ich will gucken, ob die Drill Cuttings einen Einfluss auf die Fressraten der Copepoden haben. Dafuer will ich bei uns im Ocean Lab Copepoden pflegen. Ich habe zwar Erfahrungen in Suesswasseraquaristik, was das Salzwasseraquaristik betrifft, da bin ich aber ein Anfaenger.


    Ich habe mich fuer Acartia tonsa entschieden, weil man diese Art leicht bekommen kann und sie soll robuster sein. Ich brauche aber noch mehr Infos, bzgl. des Wasserwechsels (wieoft und wieviel), Mulmabsaugens( wie filtrieren danach, was abgesaugt wurde), Futter, etc.


    Hat hier jemand Erfahrungen damit? Bei uns im Labor hat keine solche Erahrungen gemacht (labor ist auf physikalische Ozeanographie ausgerichtet).



    Mit freundlichen Gruessen


    Kin Ovanesov

  • Hallo Kin
    Wollte dir gerade ins Riffaquaristik.at Forum schreiben dass du hier nachfragen könntest, hat sich somit erledigt. Herzlich Willkommen auch hier.
    Lieben Gruß WOlfgang

  • Hi Kim,


    ich habe A. tonsa schon mehrfach kultiviert. Für weitere Infos bitte eine PN. Kann Dir dann auch bewährte eggbooster nennen. Was sind drill cuttings?


    liebe Grüße, Angi

  • Hallo alle zusammen!


    Vielen Dank fuer dieses Paper!
    Die Drill Cuttings sind sedimentaere Koerper, die durch das Bohren der Bohrloecher im Bodengrund entstehen. Das passiert, wenn man z.B. nach Erdoel sucht. Man weisst nicht, wie Flora und Fauna auf sowas reagieren, deswegen mache will ich diese Experimente machen. Vor mir hat das noch keine gemacht.


    angi,


    wie hast Du Mulm filtriert? Kannst mir die Tipps geben, was das Futter, WW angeht? Wie hast Du das gemacht? Wenn Du irgend-wo einen Bericht darueber geschrieben hast, wuerde ich ihn gerne durcharbeiten :)
    Kannst dann per PN das mitteilen :)


    MFG
    Kin

  • Hi Kin,


    ich habe mit Martin Reith zusammen einen Bericht über A. tonsa in der Zeitschrift Koralle veröffentlicht, den man als grobe Zuchtanleitung betrachten könnte. War irgendwann in diesem Jahr. Müßte ich mal suchen. Hast ne PN.

  • kann man womoeglich anstatt von taeglich Mulm absaugen, z.b. Schnecken als Restvertilger benutzen??? Sie werden doch die toten Algen, tote Cops fressen oder? Welche Schnecken koennte man bei 17 C benuzten?


    MfG

  • hallo kin,


    die eier der acartia müssen täglich vom boden abgesaugt werden, dabei wird mulm automatisch entfernt. oder man hält die cops in pyramidenförmigen gefäßen mit einem ablasshahn. so stellt sich das problem gar nicht.


    sorry, ich kam noch nicht dazu, dir infos zusammen zu schreiben. bitte gedulde dich noch ein wenig. ich habe dich nicht vergessen!

  • Hallo Angi!


    Ich wollte als IFNM-Saurier einfach mal Danke dafür sagen, dass du hier immer mit Rat und Tat zur Seite stehst und jede Menge an allgemein interessierenden Informationen einbringst. Hier darfst du übrigens auch bedenkenlos für den eigenen Shop werben, wenn es etwas für Haltung/Nachzuchten anzubieten gibt. Ist sogar erwünscht! ;)

    Gruß


    Wolfgang

    Die Aquaristik ist eine Liebhaberei, bei der die Liebe im Vordergrund stehen soll und nicht die Haberei!

  • Danke für den Hinweis, Wolfgang :D


    Wann immer Themen tangiert werden, die mein Steckenpferd sind, melde ich mich gerne zu Wort. Das ist für mich selbstverständlich, da mir Nachzuchten auch privat sehr am Herzen liegen und wir nur mit intensivem Erfahrungsaustausch weitere Fortschritte machen werden.


    Leider machte der Zoll bei meinem letzten Import nach all den Jahren plötzlich Schwierigkeiten und wollte tierisches Plankton bzw. deren Eier/Cysten nicht mehr nach Deutschland rein lassen. Seitdem "verhandele" ich mit dem Umweltministerium. Ich hoffe sehr, dass ich endlich das offizelle OKAY bekomme, um wieder Warmwasserstrains von Acartia und Co. einführen zu können. Denn ohne nahrhaftes, winziges Zooplankton stoßen wir alle bei unseren Nachzuchtbemühungen schnell an unsere Grenzen. Außerdem habe ich ein paar sehr vielversprechende andere Organismen im Visier, die für die Zucht neue Impulse geben könnten. Falls es Neuigkeiten gibt, poste ich sie hier :D

  • Zitat

    Original von kin-o


    Wenn Du irgend-wo einen Bericht darueber geschrieben hast, wuerde ich ihn gerne durcharbeiten :)
    Kannst dann per PN das mitteilen :)


    MFG
    Kin


    Hi Kin


    Angi und ich haben einen Artikel zum Thema in der Koralle geschrieben.


    Unser Artikel fasst die wichtigsten Infos zur Zucht von Arcatia tonsa auf deutsch zusammen, - ist also sozusagen ein "easy-reading", auf etwas mehr als einer Seite, genau richtig für Einsteiger ins Thema. Vertiefende Details findest Du in den englischen Originalartikeln, (die wir leider aus Platzgründen in der Koralle nicht zitieren konnten) zB. in dem Artikel den Till Dir oben schon verlinkt hat.


    Die Zuchtanleitung die in unserem Artikel enthalten ist, ist im wesentlichen eine deutsche Übersetzung der Zuchtanleitung die Luis (auf englisch) im Mofib gepostet hat. Das englische Original hat Dir Thoma Engels ja schon verlinkt.


    Grüsse Martin


  • Hi,
    da ich selbst gerade unterwegs bin und solche Berichte "aufsauge", hier mal meine Meinung dazu:
    Der Bericht in der Koralle ist nichtssagend und flach, sehr flach. Selbst als Fortgeschrittener kann man ihm nur entnehmen: "lass das und kauf das".
    Möglicherweise ist das ja sogar nicht mal falsch, aber der Inhalt in diesem Beitrag fehlt mir.
    Und ja, ich bin überzeugt, dass all die Farbfehler der Amphiprions auf mangelhafte Aufzucht zurück zu führen sind. Das sind keine Züchtungen, das gequälte Kreaturen!
    Solche Beiträge in Fachzeitschriften sind für mich absolut entbehrlich.
    Gruß
    Martin

  • Hi,


    was meinst Du mit "lass das und kauf das"?


    In dem Kurzbericht ging es doch nicht um Alternativen für Calanoida ;)


    Kin´s Thesis ist nebenbei längst abgeschlossen und super spannend. Ihr Thread stammte aus 2009.


    Gib mir etwas Zeit und ich veröffentliche Kurzporträts von weiteren für die Zucht geeigneten Calanoida.


    Vorausgreifend: Alle diese Cops lassen sich mit T-Iso und Chaetoceros ernähren oder auch mit Rhodomonas. Je kleiner die Copepoden sind, desto anspruchsvoller sind sie jedoch. Überfütterung, Unterfütterung, Änderung der Umbegungsparameter können ihnen schnell den Garaus machen.


    Gruß, Angi


  • Hallo Angi,
    ich meine, dass ich mir den mit vielen Vorschusslorbeeren von anderen Postern versehen Artikel besorgt und gelesen habe.
    Wer sich mit dem Thema beschäftigt, bekommt natürlich ganz zu Beginn bereits mit, dass freischwimmende Cops eine sehr gute Alternative (weil ein natürliches Futter) sind wenn man sie selbst nachzüchten kann. Der ständige Kauf von Flaschen mit wenigen ml Inhalt für viel Geld kommt für die Allermeisten kaum in Frage, zumal man sie ja auch nicht wirklich lange halten kann, wenn sie keine vernünftigen Umstände (Temperatur + Futter) vorfinden.
    Kin beschäftigt sich -falls ich das richtig verstehe- mit den Grundlagen zur kommerziellen Aquakultur und auch der link von Till brachte mir nichts Erhellendes. In diesem Artikel sind Dinge zu finden, die sich mit den Grundlagen kommerzieller Aquakultur-Nutzung beschäftigen, von Acartia tonsa habe ich dort (außer im Titel) nichts gefunden.


    Für meine Begriffe wäre es in einem Forum, das sich mit marinen Nachzuchten (ich vermute mal, es handelt sich um Aquarienfische?) beschäftigt wichtig, die realen Möglichkeiten UND Erfahrungen mit gelungenen Züchtungen und -so wie in diesem Fall- mit dem richtigen Futter zu beschäftigen.
    Es kann ja nicht ernsthaft unser Ziel sein, Fischlarven mit Mitteln ernähren zu wollen, die häufig zu genetischen Fehlbildungen führen und die daraus entstandenen Nachfahren dann auch noch als Besonderheit verkaufen zu wollen.
    Genau das aber wird getan. Wenn ich mir die Nachzuchten von A. ocellaris anschaue, die mir in der Praxis zu Gesicht kommen, sehe ich eine sehr hohe Rate an Binden-Fehlbildungen.
    Ich bin kein Experte, vermute aber, dass dies auf die Ernährung der Larven und mangelhafte Selektion zurück zu führen ist. Darwin lässt hier mit erhobenem Zeigefinger grüßen.


    Also Copepoden erscheinen mir tatsächlich das Mittel der ersten Wahl zu sein, wenn es darum geht, Fischlarven artgerecht und gesund zu ernähren.
    Und um das zu erreichen, sind Berichte über das "Wie" der Futteraufzucht wichtig, Berichte über die viele Arten der Cops sind eher als am Rand interessant einzustufen, sie führen den Interessierten nicht einen cm weiter.
    Warum? Weil die Allermeisten von uns keine Direktimporte tätigen werden und daher ohnehin auf eine Vorab-Selektion des Machbaren durch Importeure (wie dich) angewiesen sind.
    Da ist es auch kein Problem, den höheren Preis zu akzeptieren.
    Für mich sind die wichtigen Fragen zur Haltung von A. tonsa noch immer offen:
    - welches Temperaturband ist möglich (mit welchen Rampen)?
    - welche Salinitätsschwankungen verträgt es (mit welchen Rampen)?
    - welche Individuendichte ist im Futterbecken möglich ?
    - ernährt es sich ausschließlich pflanzlich oder geht es auch Fischlarven an?
    - welche Konzentration darf im Aufzuchtbecken der Fischlarfen herrschen?


    u.s.w. u.s.f.


    Von derartig lapidaren Dingen steht aber nichts in diesem Artikel. Nicht mal ansatzweise.
    Das verleitet mich dann zu der simplen Feststellung, der Artikel sei flach, sehr flach.
    Immerhin hast du Kin den Artikel als "könnte man als grobe Zuchtanleitung nehmen" angepriesen und das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
    Du hast im Prinzip nicht eine seiner Fragen beantwortet.
    Falls deine Erfahrungen hier (bei A. tonsa) nicht reichen, ist das doch kein Problem, aber man sollte es kund tun.
    Die von Kin gestellten Fragen sind ja tatsächlich auch für den "Einzeltäter" interessant:
    - Wasserwechsel ja/nein
    - Mulm absaugen ja/nein
    - Eier vom Boden absaugen wie oft
    - Eier lagern, in welcher Lake (wie lange, welche Dichte, welche Temperatur)
    - können die Eier eine schnellere Dichte- und Temperaturänderung ab, als die Tiere?
    - wie lange sind die Eier haltbar
    - ach ja : last but not least: unter welchen Bedingungen erbrütet man die Eier so, dass eine hohe Schlupfrate erreicht wird.



    u.s.w. u.s.f.


    Das sind für mich interessante Eckdaten. Nicht das es neben A. tonsa noch tausende anderer Cops gibt, die aber noch viel schwieriger zu halten sind. Wir können uns hier mit tropischen Cops (die aus der Nordsee sind für uns ja temperaturmäßig noch schlechter beherrschbar) mangels Masse kaum beschäftigen......


    Also: meine Kritik zielt auf durchaus interessante, aber für uns hier kaum relevante Berichte.
    Und der in der Koralle ist genau so Einer.

  • Hi


    also Acartia ist ein opportunistischer Planktivore (Konsum von kolloidalen Partikelmaterial, Detritus, Zooplankton, jedoch hauptsächlich Mikroalgen). Er ist einer der leichter zu züchtenden Calanoida.


    Der trop. Acartia-Strain akzeptiert eine weite Spannbreite von Temperatur- (18-30 °C), Salinitätsbereichen (12-45 ppm).


    Nachfolgd. die optimalen Kulturparameter:


    24 - 27 °C
    20 - 30 ppt
    leichte Belüftung
    T-Iso und Chaetoceros oder Rhodomonas oder Oxyrrhis marina als Futter
    nur so viel füttern, dass das Wasser am nächsten Tag wieder klar ist
    Stockdichte <1/ml, um Kannibalismus in Grenzen zu halten.
    bei höherer Stockdichte tägliches Absaugen der Eier


    Biologie:
    Lebensspanne 20 - 25 Tage
    Egg (1), Nauplii (6), Copepodid (5), Adult (1)
    Adulte 1.0-1.2 mm Länge
    Nauplii 65-120 my
    Nauplius zu Ei 9 - 12 Tage


    Adaption:
    toleriert Dichteänderungen von täglich - 6 ppm, Temperaturänderung von - 5 °C problemlos


    Und natürlich müssen die Kulturbehälter von Zeit zu Zeit von Mulm befreit und gereinigt werden (Wasserqualität)


    Eier aufbewahren: Mulm durch geignete Siebgrößen auswaschen, Eier auffangen und in kleinen Gefäßen (randvoll mit Salzlake!) im Kühlschrank aufbewahren. Schlupfquote beginnt nach ca 3 Wochen zu sinken. (Echte Dauereier behalten jedoch mehrere Monate ihre hohe Schlupfquote).
    Schlupfzeit ist abhängig vom Ernährungszustand der Weibchen, beträgt i.d.R. max. 1 bis 2 Tage.


    :D


    Und zu Kin: Bei ihrer Thesis ging es um Drill Cuttings, nicht um Aquariumfischzucht. Ich hatte ihr persönlich alle Infos zu Acartia gegeben, die sie zu ihrer Thesis brauchte. Man muss nicht alles öffentlich breit treten.


    Da halte ich es eher wie der Bäcker. Der verkauft seine Brötchen, nicht aber seine Rezepte. ;)


    Salzigen Gruß, Angi

  • Nachtrag: Acartia vergreift sich nicht an Fischlarven, höchstens an kleinen Ciliaten.


    Und ja, meiner Meinung nach hängen Bindenfehler ursächlich mit der Ernährung zusammen. Für den an Nährwertprofilen Interessierten empfiehlt sich zum Beispiel die Arbeit von Syd Kraul "Live Food for marine Fish larvae".

  • Hallo Angi,
    danke für die weitreichende Auskunft.
    Zwei Fragen noch:
    - die Salzlake hat die gleiche Dichte wie das Aufzuchtmedium?
    - hat die Kühlschranktemperatur einen Einfluss auf die Schlupfrate und (oder) die Haltbarkeit?


    Danke im Vorwege

  • Hi Martin,


    es hat sich gezeigt, dass die Eier am besten zw. 2 und 3 °C aufbewahrt werden, unter 5 °C sollten es auf jeden Fall sein. In dieser Zeit zehren die ungeborenen Nauplien an ihren Reserven. Aber sicher hängt die Haltbarkeit auch von mikrobiologischen Belastungen, der Anwesenheit von organischem Material, Sauerstoff, Licht und von evtl. Desinfektionsmethoden ab. So schreibt Drillet in seiner Studie von 2006 dass die Eier unter Laborbedingungen bei 30 ppm bis zu 12 Monate schlupffähig wären, während norwegische Wissenschaftler in einer Studie von 2011 hypersaline Dichten zw. 50 und 100 ppm als gut befanden. Ich denke, da wird noch einiges erforscht und getestet werden.


    Ich selbst habe die Dichte nie gemessen. Weder die von den USA subitanious Eggs, noch die von den (kaltwasser) Diapause Eggs. Was mir aber auffiel, wenn man die Röhrchen mit den Eiern mit Alufolie umwickelt, damit sie keinem Licht ausgesetzt sind, dann verhindert das über lange Zeit weitgehend Clustering der Eier.


    Gruß, Angi