(Ich werde im Folgenden zwar die Zucht von Lysmata rathbunae beschreiben, jedoch verläuft die Zucht von L. wurdemanni absolut gleich).

Einleitung

Wie im Artikel über Glasrosenplage geschrieben, waren mir die Garnelen im Geschäft einfach zu teuer (besonders wenn man eine größere Anzahl benötigt). Daher entschied ich mich, es einmal mit einer eigenen Zucht zu probieren.

Ich suchte zuerst nach Artikeln zu diesem Thema und fand heraus, dass die Zucht schon des Öfteren geklappt hat und im Vergleich mit anderen Garnelenarten recht einfach ist (besonderen Dank hier an andere Züchter, die mir am Anfang wertvolle Tipps gegeben haben). Jedoch wurde auch mehrfach berichtet, dass die Larven - meistens nach 1-2 Wochen - plötzlich gestorben sind bzw. Probleme bei der letzten Häutung (zur endgültigen bodenlebenden Garnele) gehabt haben. Das verunsicherte mich zwar, trotzdem startete ich einen Versuch.

Also machte ich mich auf die Suche und konnte 3 Rathbunae ergattern (2 davon hatten bereits Eier), die ich sehr, sehr vorsichtig an mein Wasser anpasste (Tröpfchenmethode über mehrere Stunden). Die Garnelen gab ich dann in ein 25 Liter-Becken, dass ich mit Aquariumwasser gefüllt wurde. Die Technik bestand aus einem Luftheber und einem Heizstab, der durch einen Temperaturmodul geregelt wurde. Die Temperatur betrug 24-24,5 Grad C. und die Salinität ~35. Ein paar Tage später schaute ich um 4.00 Uhr Früh ins Becken und siehe da, die ersten Larven schwammen bereits im Wasser (~100-200 Stück). Total aufgeregt saugte ich vorsichtig mit Hilfe eines Luftschlauchs die etwa 1-2 mm großen Larven ab, die ich vorher mit einer Taschenlampe in eine Ecke gelockt hatte. Ich gab sie in ein 10 Liter-Becken, dass mit einem Luftschlauch (1-2 Blasen pro Minute) belüftet wurde. In den nächsten Wochen kamen noch weitere 4 Würfe hinzu, aus denen sich, zu meiner Überraschung und Freude, recht viele Garnelen entwickelten (Detail weiter im anschließenden Text).

Futter

Den ersten Wurf habe ich mit Brachionus gefüttert, die auch gerne gefressen wurden (perfekte Größe für die kleinen Larven in den ersten Tagen). Jedoch stellte sich bald heraus, dass sie auch mit Nauplien (Primärlarve von Artemias) keine Probleme haben. Daher fütterte ich sie von nun an ausschließlich mit Artemias, die jedoch eine sehr gute Qualität haben sollten (INVE, usw.).

Die Artemias wurden in 2 Aufzuchtgefäßen täglich frisch gezüchtet. Wichtig ist, dass man sich für gute, „teure" Artemias entscheidet, die eine hohen Nährstoffgehalt besitzen, sodass man sie sofort nach dem Schlüpfen verfüttern kann. Einen Teil der geschlüpften Artemias habe ich in extra Gefäße gegeben und mit Prolon angereichert, um kontinuierlich Artemias mit unterschiedlichen Nährstoffgehalten verfüttern zu können. Gefüttert wurde je einmal in der Früh und am Abend. Die Futterdichte muss dabei recht hoch sein - besonders am Anfang, da die Nauplien den kleinen Larven regelrecht in die Arme schwimmen müssen, damit sie gefressen werden. Alternativ kann man als Zwischennahrung auch Cyclop Eeeze oder Ähnliches verfüttern, was jedoch zu einer höhere Wasserbelastung führen kann.

Vollgefressene Larven erkennt man übrigens sehr gut an ihrer roten Färbung (Futter in inneren Organen).

Sollte man vom Freilassen der Garnelenlarven überrascht werden und noch keine Artemias haben: Die Larven überleben zumindest 1-2 Tage ohne Futter (ev. mit Cyclop Eeze probieren).

Wachstum

Die Larven durchlaufen mehrere Häutungen in ihrem Larvenstadium und sehen eigentlich von Beginn an schon wie kleine Garnelen (Bild 1 und 2) aus, nur haben sie noch Stielaugen und in späteren Phasen ein recht langes Beinpaar (mit Verdickung – Bild 3), dass sie wahrscheinlich zur Stabilisation brauchen. Vor der endgültigen Umwandlung erreichen die Larven eine Größe von etwa 1 cm.

Das Larvenstadium dauerte bei mir etwa 5-6 Wochen - genauer kann ich es nicht sagen, da ich verschiedene Würfe im Aquarium hatte und so nicht unterscheiden konnte, welcher gerade die Umwandlung durchmachte.

Auffallend war auch, dass sich bei mir im Durchschnitt etwa 3-4 Larven pro Tag umwandelten und nicht alle auf einmal. Die umgewandelten Garnelen wurden dann vorsichtig aus dem Larvenbecken gefangen und in das größere 25 Liter Aquarium gegeben (Elterntiere wurden vorher in ein anderes Becken gegeben).

Es scheint auch überhaupt kein Problem zu sein, mehrere Würfe in einem Becken zu halten (die größeren Larven schnappen sich zwar manchmal eine Kleinere, jedoch werden sie recht bald wieder losgelassen).

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Bild 1 - Larven ein paar Tage alt Bild 2 - Larven verschiedener Größen Bild 3 - eine etwas ältere Larve mit langem Beinpaar

Überlebensrate

Ich persönlich hatte nie Probleme, die Larven über die „magische Grenze" von 1-2 Wochen zu bringen. Größer wurden die Verluste erst ab der zweiten Woche, was aber vermutlich hauptsächlich auf einige Fehler meinerseits zurückzuführen ist, da ich am Anfang noch viel „herumexperimentieren" musste (unterschiedliche Wasserwechselintervalle usw.).

Wasserwerte/Technik/Becken

Mittlerweile bin ich von der oben erwähnten Luftbläschenmethode abgekommen und verwende im Larvenbecken einen Sprudelstein (Lindenholzausströmer), da er mehr Strömung erzeugt (die Larven sollten nicht allzu lange am Boden verweilen, sondern im Wasser treiben) und anscheinend die Larven weniger verletzt. Das die Larven Probleme mit den feinen Luftbläschen haben, konnte ich nicht beobachten.

Weiters wurde ein neues 10 Liter AQ gekauft und alle 3 Zuchtbecken mit Hilfe von Lufthebern und Wasserbrücken (verkehrtes „U") zusammengeschlossen (damit das Becken bei einer Fehlfunktion der Wasserbrücke nicht übergeht, wurden zwei Pegelschalter zur Absicherung installiert). Der Zusammenschluss war notwendig, da der Wasserwechsel in den einzelnen Becken sehr aufwendig war (z.B. im Larvenbecken nur mit einem feinen Netz/Gitter möglich – z.B. ein Artmia/Planktonsieb, dass in das Wasser eingetaucht wird) und ich bei diesen kleinen Volumina keine stabilen Wasserwerte erreichen konnte. Ein weiterer Grund war, wie schon öfters berichtet wurde, dass die Garnelen bei einer zu hohen Besatzdichte zu Kannibalismus neigen (ein großes Becken war aus Platzgründen nicht machbar).

Es wurden täglich mindestens 12 Liter Wasser gewechselt. Dazu mischte ich etwa 6 Liter Wasser aus meinem eingefahrenen Becken mit 6 Liter neu hergestelltem Salzwasser. Ich habe mich für diese Vorgehensweise entschieden, da einige Züchter nur mit Aquarienwasser, die anderen nur mit frisch hergestelltes Salzwasser Zuchterfolge aufweisen konnten.

Ebenfalls hat sich das Abkleben der Glasscheiben als hilfreich erwiesen, da sie sich so nicht nur an einer Stelle (Lichtquelle) dichtgedrängt aufhalten (Verletzungsgefahr, Stress), sondern im ganzen AQ verteilen.

Die Becken wurden mit einem Heizstab geheizt bzw. mit einem Ventilator gekühlt (gesteuert über einen Regler) - so kam ich, vor der Sommerhitze, auf konstante 24-24,5 Grad C. Nun schwanken die Werte zwischen 24.0 und 26.0 Grad C (höher sollte die Temperatur -zumindest langfristig - nicht sein). Die Salinität wurde ebenfalls konstant auf knapp 35 gehalten.

Nitrat lag in etwa bei 10 mg/L und Phosphat bei 0,05mg/L. Ich hatte zwar auch schon viel höhere Werte, die sich aber anscheinend in einer höheren Sterblichkeitsrate niederschlugen.

In einigen anderen Berichten wurde empfohlen, dass der Bodengrund täglich gereinigt werden soll. Das machte ich am Anfang auch, hörte aber recht bald damit auf, da ich es nie schaffte den Bodengrund abzusaugen, ohne einige Larven mit einzusaugen bzw. sie nicht zu verletzen. Nur sporadisch wurden mit einer verlängerten Spritze Futterreste und Häute abgesaugt, was sich, zumindest bei mir, durch die großzügigen Wasserwechsel als vollkommen ausreichend erwies.

Zuchterfolg

Von den geschätzten 800-1000 Larven haben sich bis jetzt (es haben sich zum Zeitpunkt dieses Artikels noch nicht alle Larven umgewandelt) 80 Larven zu kleinen Garnelen umgewandelt (Bild 4 und 5). Diese Garnelen bekommen bereits nach wenigen Tagen die typische rote Farbe und Garnelenzeichnung und wachsen erstaunlich schnell (in 3-4 Wochen ca. 3 cm).

Ebenfalls erfreulich ist der Umstand, dass sich die Garnelen bereits nach ein paar Tagen über - zumindest kleine- Glasrosen hermachen :-) (Bild 6, Bild 7).

Nach ca. 35 Tagen trägt bereits die erste Garnele Eier (Bild 8)!

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Bild 4 - Garnelen verschiedener Größe Bild 5 - eine etwa 2 cm große Garnele Bild 6 - hier machen sich ein paar Garnelen über eine Glasrose her (Glasrose auf Algenblatt)

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Bild 7 - Garnele beim "Glasrosenverzehr" Bild 8 - Eine Garnele trägt bereits nach ~35 Tagen Eier!

 Zusätzliche Informationen

* Bei meinen Garnelen war ein Wurf zwischen 100 und 500 Larven möglich

* ca. alle 18 Tage ein neuer Wurf

* Abgabe der Larven erfolgt immer in der Nacht (bei mir ein paar Stunden nach Abschalten der Beleuchtung) am höchsten Punkt im Aquarium

* Die Garnelen sind wahre Zuchtmaschinen. Bereits einen Tag nach Freilassen der Larven häuten sich die Garnelen und tragen wieder Eier

* Zur Zucht sind nur 2 Garnelen notwendig (Simultanhermaphrodit - Männchen und Weibchen zugleich)

* Überlebensrate ~10-15%, die sich aber mit den jetzigen Kenntnissen sicher erhöhen lässt

Fazit

Es ist wirklich interessant einmal selber Garnelen zu züchten. Was ich unterschätzt habe war, dass die Zucht wirklich sehr zeitaufwendig ist und man sich regelmäßig (auch Nachts) um den Garnelennachwuchs kümmern muss.

Jedenfalls ist es wieder ein weiterer Schritt zur teilweisen Entlastung der Meere, da so auf Wildentnahmen verzichtet werden kann.

(Ürbigens: Im Gegensatz zu den bisher gekauften Garnelen, sind die Nachzuchten wirklich zahm - versuchen sofort, wenn man die Hand ins Wasser hält, diese zu "putzen" - Bild 9)

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Bild 9 - Garnele beim Putzen meiner Finger

Copyright: Reinhard Stark

   
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