Einleitung

Erfolgreiche Aufzucht von Fischlarven beginnt mit dem erfolgreichen Kultivieren von Phytoplankton. Erst wenn man die Fähigkeit erlangt hat, über längere Zeit Phytoplanktonkulturen zu betreiben, ist man bereit, die nächsten Schritte zu unternehmen.

Was ist Phytoplankton und welche Bedürfnisse hat es?

Als erstes sollten wir eine Vorstellung davon haben, was Phytoplankton eigentlich ist. Im Wort stecken zwei Silben, nämlich "Phyto" für "Pflanze" und "Plankton" für "Lebewesen welche in der Strömung treiben". Was nun zeichnen Pflanzen aus? Pflanzen erzeugen Stärke (eine Art von Zucker) aus Licht, Wasser und Kohlendioxid (CO2) und geben dabei Sauerstoff (O2) ab, dieser Vorgang nennt sich Photosynthese. Das stimmt für alle Pflanzen: Für die grosse Eiche, das Gras in der Steppe, für den Kaktus in Mexico und für die Kartoffel aus der Ronald McDonalds diese leckeren Stäbchen schnitzt. Damit die biochemischen Vorgänge in Pflanzen ablaufen können, brauchen diese Nährstoffe und Spurenelemente, welche der Bauer und Gärtner respektive Phytoplanktonzüchter in Form von Dünger zugibt. Dies kann in Form von Jauche oder als industrielles Produkt erfolgen. Der zweite Teil des Wortes "Plankton" zeigt uns, dass sich Phytoplankton nicht selber fortbewegen kann und mittels Strömung in Schwebe gehalten werden muss.

Damit haben wir alle Bedürfnisse von Phytoplankton erklärt. Diese benötigen:

Wasser
Licht
eine geeignete Temperatur
Dünger
Strömung
CO2

Wasser

Im Wort Nannochloropsis Salina, steckt das Wort "Salina", es handelt sich also um ein Salzwasserphytoplankton. Wir nehmen Osmosewasser (normales Leitungswasser würde schon auch gehen) und fertigen mittels einer käuflichen Meersalzmischung Salzwasser mit einer Salinität von 30-35 an. Die besten Resultate erziele man bei einer Salinität von 32. Da Nannochloropsis Salina nicht sehr empfindlich ist in Bezug auf Salinität, empfehle ich aus Gründen der Praktikabilität sämtliche Kulturen mit einer Salinität, welche der unseres Aquariums entspricht, also 35 o/oo zu betreiben. Dies erspart einem Umrechnerei, dauerndes Nachmessen und Anpassungszeit. Ich habe immer ein 120 Liter Kunststofffass mit Salinität 35 als zentrale Salzwasserquelle im Keller stehen.

Licht

Als Lichtquelle eignet sich eine alte Schreibtischlampe, eine spritzwassergeschütze Leuchtstofflampe oder eine ausgediente Aquarienlampe. Die Lichtfarbe sollte dem von Sonnenlicht entsprechen, also warmweisse Glühbirnen, Tageslichtröhren oder spezielle T5-Pflanzenröhren aus dem Süsswasserbereich. Mittels Schaltuhr gönnen wir unserem Phytoplankton 4 Stunden Ruhe nach einem harten 20-stündigem Arbeitstag im Photosynthesebergwerk.

Temperatur

Im Winter wächst unser Rasen nicht, obschon ja die Sonne auch im Winter scheint. Warum eigentlich? Jeder Häuschenbesitzer wird bestätigen, dass im Hochsommer, wenn es richtig heiss ist und die Sonne hoch vom Himmel volle Kanone runterknallt, der Rasen fast nicht mehr wächst. Pflanzen fühlen sich eben nur in bestimmten Temperaturbereich wohl und so ist es auch bei Nannochloropsis Salina. Wassertemperaturen zwischen 20 und 28 Grad sollten okay sein. Ich habe mir günstig bei einem Händler in Hongkong eine ganze Reihe Mini-Aquarienheizer gekauft, welche fix auf eine Temperatur von 25 Grad eingestellt sind.

Dünger

Pflanzen brauchen für ihr Wachstum Stickstoff und Spurenelemente. Die Bedürfnisse von Wasserpflanzen unterscheiden sich von denen von Landpflanzen und darum eignet sich normaler Pflanzendünger nicht für unsere Phytoplanktonkultur (diese hätten zu viel Eisen drin). Wir besorgen uns also speziellen Phytodünger aus dem Aquarien-Fachhandel. Wie viel Dünger müssen wir nun zugeben und wie oft? Wir machen es wie ein IP-Bauer und düngen nicht einfach auf unser Feld was unsere Kühe so scheissen, sondern machen das bedarfsgerecht. Wir messen den Nitratgehalt mittels Teststreifen (diese lassen sich mit der Schere je nach Geschick längs in 2 oder 3 Teile zerlegen) und sorgen dafür, dass unsere Phytoplanktonkultur immer etwas Nitrat drin hat, ein Wert zwischen 10 und 50 dürfte passen.

Strömung und CO2

Wir erschlagen hier zwei Fliegen mit einer Klappe und führen von einer Luftpumpe über einen Verteilbalken (wir werden bald mehrere Gefässe mit verschiedenen Kulturen haben) und Silikonschlauch mit Plastikröhrchen grobperlig Luft in unsere Kultur. Die in der Süsswasseraquaristik gebräuchlichen Luftausströmersteine benötigen wir nicht, denn wir wollen mit den Luftblasen ja auch Strömung erzeugen.

Wann ist Erntezeit

Das Prinzip ist einfach: Wir verdünnen unsere Kultur mit Salzwasser (nicht aus dem Meerwasseraquarium, denn da hat es Ratten, Mäuse und vor allem Zooplankton drin), düngen etwas nach und lassen dann dem Phytoplankton Zeit um durch Zellteilung wieder auf die ursprüngliche Kulturdichte heranzuwachsen.

Als Analogie benutzen wir einen Seerosenteich: Wir warten bis der Teich mit Seerosen zugewachsen ist, dann ernten wir die Hälfte der Seerosen und warten ab, bis die Oberfläche wieder vollständig zugewachsen ist.
Was passiert nun, wenn wir bei vollem Teich die Seerosen nicht abernten? Die Vermehrungsrate wird abnehmen und die Seerosenkultur kommt wegen Ressourcenmangel zum Stillstand. Dasselbe wird in unserer Photokultur passieren, ist diese einmal tief grün.
Was nun, wenn wir zu viel abernten, sagen wir mal alle Seerosen bis auf eine? Diese eine einsame Seerose wird sich vermehren und nach einer Weile haben wir zwei, dann vier, dann acht, dann sechzehn Seerosen. Allerdings wird es sehr lange dauern, bis die gesamte Teichoberfläche wieder zugewachsen ist. Aus diesem Grunde ist es nicht sinnvoll, unsere Phytoplanktonkultur zu stark zu verdünnen: Wir würden im zarten Hellgrün gar nicht erkennen, ob unsere Kultur überhaupt noch läuft und müssten ewig warten.

Ein "Gefühl" für die Kultur entwickeln

Man wird unzählige Artikel oder gar Bücher zum Thema lesen können, aber nichts wird einem die Praxiserfahrung im Umgang mit der Phytoplanktonkultur ersetzen. Jeder Hobbygärtner wird bestätigen: "Man muss einen grünen Daumen entwickeln". Genau so ist es mit der Phytoplanktonzucht: An der Farbe wird man erkennen, wenn die Kultur reif zur Ernte und Teilung ist, nehmen Fadenalgen in der Kultur überhand, wird man das Kulturgefäss reinigen und neu ansetzen. Es wird einige Wochen, wenn nicht Monate dauern, bis wir diesen "grünen Phytoplanktondaumen" haben!

Verunreinigung und Mikroskopieren

Zooplankton ist der Feind des Phytoplanktons wie eine Ziege Feind des Grases ist. Weil sich Zooplankton aber deutlich schneller vermehren kann als Ziegen, kann es zudem passieren, dass eine Phytoplanktonkultur zusammenbricht, weil sich darin ein einzelnes Zooplanktönchen, welches sich unter unserem Fingernagel versteckt hat, vermehrt hat. Bei aller Hygiene wird es uns kaum gelingen, dies zu vermeiden, darum ist es zu empfehlen eine Backup-Kultur anzulegen.

Um unsere Phytokultur kontrollieren zu können, kommen wir nicht umhin, uns ein Mikroskop zuzulegen. Es gibt schon sehr günstig Schülermikroskope im Spielwarenhandel zu kaufen z.B. von Kosmos und auch eBay ist voller günstiger Einsteigermikroskope. Für unsere Zwecke eignen sich Mikroskope in der Preisklasse zwischen 100 und 200 Schweizer Franken/Euro. Hat man dann höhere Ansprüche an Qualität und Optik und möchte auch noch schöne Portraits seiner Plankton-Kinder für das Familienalbum schiessen, kann man sich ein professionelles Labormikroskop mit Trinokular und Fototubus zulegen. Dafür muss man dann aber dann schon deutlich über 1000 CHF für ein Gebrauchtgerät hinlegen.

Backup-Kultur

Jeder IT-Benutzer weiss: Ein Backup ist immer gut! Es kann immer passieren, dass eine Kultur abstürzt und dann ist es nützlich auf einen Backup zurückgreifen zu können. Eine Flasche mit Phytoplankton hält sich im Kühlschrank ein paar Wochen und wenn man den Inhalt der Flasche regelmässig erneuert, hat man immer eine Reservekultur zu Hand. Wenn man dann die Backup-Flasche noch sauber beschriftet, verhindert man, dass sich die Putzfrau ein Glas des feinen Gurkensaftes einschenkt oder das unbekannte Zeugs in den Ausguss kippt.

Ein alternativer Ansatz der Phytoplanktonkultur

Um bei unserem Ziegenbeispiel zu bleiben, könnte der Grasbauer nun doch einfach einen Wolf halten. Wölfe verabscheuen Gras aber lieben Ziegen. Der Wolf wird also die Ziegenpopulation in Schach halten und verhindern, dass alles Gras von der dichten Ziegenherde gefressen wird. Den gleichen Ansatz bin ich seit einiger Zeit am Testen: Es scheint tatsächlich, dass Phytokulturen, in welche ich eine Futtergarnele halte, über sehr lange Zeit stabil und dicht laufen. Ich vermute, dass die Futtergarnele Zooplankton frisst und die Ausscheidungen der Garnele das Phytoplankton düngt.

 

 

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Copyright Text und Bilder: Andreas Horvath; Fishgimmicks für Züchter

   
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