Allgemein:
Das Washingtoner Artenschutzabkommens (WA) listet in den Anhängen I – III Tier- und Pflanzenarten auf, die je nach ihrer Gefährdung eingestuft werden. Durch die Artenschutzverordnung der EU "(EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels" werden diese Listen übernommen (WA-Anhang I wird in der EU-VO in Anhang A übernommen; WA-Anhang II in EU-VO Anhang B usw.) Die EU-Regelung beschäftigt sich im Wesentlichen aber nur mit dem Handel von geschützten Arten (Ein- und Ausfuhrbestimmungen). Die für deutsche Tierhalter geltenden Vorschriften ergeben sich aus dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) und der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV).
Zu den Seepferdchen:
Sämtliche Arten von Seepferdchen wurden mit Wirkung vom 15. Mai 2004 in Anhang II des WA aufgenommen. Im WA Anhang II befinden sich Arten, bei denen die WA-Staaten eine Kontrolle für erforderlich, einen Handel aber noch für vertretbar halten. Der Aufnahme der Seepferdchen in Anhang II des WA trägt die EU-Verordnung (EG) Nr. 1497/2003 vom 18. August 2003 Rechnung, mit der die bereits genannte Verordnung (EG) Nr. 338/97 aktualisiert wurde. Dabei wurden die neu ins WA aufgenommenen Arten in die jeweiligen Anhänge der EU-Verordnung eingefügt. So heißt es nun in Anhang B zur EU-Verordnung: „Hippocampus spp. (II); Die Aufnahme gilt ab 15. Mai 2004“.
Was bedeutet das nun für den privaten Halter / Züchter?
Zum einen gelten gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 10 a BNatschG ab 15. Mai 2004 Seepferdchen als „besonders geschützte Tierart“. Nach § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BNatschG ist es grundsätzlich verboten, Tiere einer besonders geschützten Art zu besitzen. Ausgenommen sind davon allerdings nach § 43 Abs. 1 BNatschG Tiere, die in der EU rechtmäßig gezüchtet oder der Natur entnommen wurden (Nr. 1) und Tiere, die aus Drittländern rechtmäßig (also mit erforderlichen Einfuhrgenehmigungen) in die EU gelangt sind.
Es wird also wohl auch weiterhin Seepferdchen zu kaufen geben (gezüchtet oder ordentlich mit Genehmigung eingeführt). Aber: Nach § 49 Abs. 1 BNatschG besteht die Pflicht zum Berechtigungsnachweis! Das heißt, wer besonders geschützte Tiere besitzt, muss im Zweifel nachweisen, dass er sie legal erworben hat oder er bzw. der Vorbesitzer sie bereits bei Unterschutzstellung (Seepferdchen: 15.5.2004) in Besitz hatte. Er trägt insoweit die Beweislast! Seepferdchenhalter werden also gut beraten sein, diejenigen Tiere, die sie zum 15.5.2004 bereits besitzen, in möglichst detaillierten Aufzeichnungen (Art, Anzahl, Geschlecht usw. - Fotos!) zu erfassen. Für nach dem 15.5.2004 erworbene Exemplare werden Herkunftsnachweise erforderlich werden. Hierzu kann z.B. der Kaufbeleg dienen. Nach meinen Recherchen reicht das manchen Naturschutzbehörden aber nur, wenn darauf mindestens die Nummer der Einfuhrgenehmigung steht! Lieber bei der zuständigen Behörde nachfragen!
Die Pflicht zum Berechtigungsnachweis bezieht sich nach dem Gesetzeswortlaut auf alle besonders geschützten Tiere, also auch auf Wirbellose wie etwa die Steinkorallen, die seit längerem in Anhang B der EU-Verordnung 338/97 erfasst sind. Da die Seepferdchen aber Wirbeltiere sind, kommt noch etwas Gravierendes hinzu: Der Bundesumweltminister hat – wozu er durch § 52 BNatschG ermächtigt wurde – bereits in früheren Jahren die Bundesartenschutzverordnung erlassen. Dort ist u. a. in § 6 bestimmt, dass Wirbeltiere der besonders geschützten Arten nur gehalten werden dürfen, wenn sie keinem Besitzverbot unterliegen und der Halter die erforderliche Zuverlässigkeit und ausreichende Kenntnisse über die Haltung und Pflege der Tiere hat und über die erforderlichen Einrichtungen verfügt, die Gewähr dafür bieten, dass die Tiere nicht entweichen können und die Haltung den tierschutzrechtlichen Vorschriften entspricht. Das Vorliegen dieser Anforderungen ist der nach Landesrecht zuständigen Behörde auf Verlangen nachzuweisen.
Es geht aber noch weiter: Wer Wirbeltiere der besonders geschützten Arten hält, hat der nach Landesrecht zuständigen Behörde unverzüglich nach Beginn der Haltung den Bestand der Tiere und nach der Bestandsanzeige den Zu- und Abgang (also auch Geburt und Tod) schriftlich anzuzeigen; die Anzeige muss Angaben enthalten über Zahl, Art, Alter, Geschlecht, Herkunft, Verbleib, Standort, Verwendungszweck und Kennzeichen der Tiere (letzteres entfällt bei Fischen). Die Verlegung des regelmäßigen Standorts der Tiere ist ebenfalls unverzüglich anzuzeigen. Ausgenommen von der Anzeigepflicht ist aber eine Reihe von Tieren, die in der Anlage 5 der BArtSchV aufgeführt werden (z. B. Rotwangenschmuckschildkröte). Bisher wurden die Seepferdchen aber nicht in diese Liste aufgenommen, sind also weiterhin meldepflichtig.
Zu guter Letzt: Was passiert bei Verstößen? Werden Berechtigungs- und Herkunftsnachweise nicht erbracht, können die Tiere behördlich eingezogen werden (49 Abs. 4 BNatschG). Wer entgegen § 6 Abs. 2 Bundesartenschutzverordnung eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig erstattet, handelt ordnungswidrig und kann mit hohen Geldbußen belegt werden.